Die Schilddrüse vor Schadstoffen schützen

Die erschreckenden Auswirkungen von Schadstoffen auf den Hormonhaushalt

Jun 18, 2024Felicitas Frank

In unserer modernen Gesellschaft sind wir fast dauerhaft Schadstoffen ausgesetzt. Wir nehmen sie über die Atemluft, das Trinkwasser, die Haut oder unsere Lebensmittel auf. Natürlich stellen diese Schadstoffe ein gesundheitliches Risiko dar. Dabei ist es besonders die Schilddrüse, als Zentrum unserer Hormone, die unter diesen Schadstoffen leidet.

Was sind Umweltschadstoffe?

Weil sie sich vor allem auf den Hormonhaushalt auswirken und diesen stören, werden einige Umweltschadstoffe auch “endokrin aktive Substanzen” genannt. Endokrin nennt man alle Organe, welche Botenstoffe, also Hormone, nach innen im Körper abgeben. Dazu zählen neben der Schilddrüse, dem wichtigsten Hormonregler, auch die Nebenniere, die Hirnanhangdrüse, aber auch die Eileiter und Hoden. Endokrin aktive Substanzen haben gemeinsam, dass sie in ihrer Struktur und Wirkweise unseren Hormonen ähneln und sich deshalb problemlos in den Hormonhaushalt integrieren können. Das muss nicht zwingend etwas Negatives sein. Es gibt einige natürlich vorkommende Stoffe, die unseren Hormonen ähneln und einen positiven Einfluss auf die Regulierung unseres Hormonhaushaltes haben. Zum Beispiel werden östrogenähnliche Stoffe aus Pflanzen als Alternative zur Hormonersatztherapie in den Wechseljahren verwendet.

Es gibt aber auch viele hormonähnliche Stoffe, welche das endokrine System des Menschen stören, weshalb man diese auch “endokrine Disruptoren” (ED) nennt. Dazu zählen zum Beispiel viele Stoffe, die in Pestiziden enthalten sind, aber auch in unseren Lebensmitteln, Kosmetikprodukten, Spielzeug, also Dingen, mit denen wir täglich in Kontakt stehen.

Wie wirken sich diese Schadstoffe auf unseren Organismus aus?

Steigende Fallzahlen verschiedener Arten von Krebs wie Schilddrüsen-, Hoden-, Brust- oder Prostatakrebs, sowie die stetig sinkende Qualität von Spermien in den europäischen Ländern zeigen deutlich, dass mit dem Hormonhaushalt der Menschen etwas passiert. Auch der ständig sinkende Pubertätseintritt, vor allem bei Mädchen, ist in dieser Hinsicht alarmierend. Dass hormonähnliche Substanzen in der Entwicklung von Krankheiten eine Rolle spielen der reproduktiven Organe, wird schon seit Längerem als bestätigt angesehen. Dazu zählen Hoden-, Prostata- und Brustkrebs, aber auch weibliche Hormonstörungen wie Endometriose und das polyzystische Ovarien Syndrom PCOS.1

Endokrin aktive Substanzen oder EDs gelangen in den Organismus und führen dort entweder zu einer Erhöhung oder Senkung gewisser Hormone im Blut. Durch die dauerhafte Reizung der Rezeptoren kann eine Desensibilisierung stattfinden, sodass die natürlichen Hormone nicht mehr ihre gewohnte Wirkung haben. Insulinresistenz ist beispielsweise die Folge einer solchen Desensibilisierung, die sich in einer Vielzahl der Fälle in Diabetes Typ 2 entwickelt.

Da die Schilddrüse an vielen wichtigen Prozessen im Organismus maßgeblich beteiligt ist, sind die Auswirkungen einer Störung dieses Organs sehr vielseitig. Beispielsweise sorgt sie für eine intakte Gehirnfunktion, weshalb ein Anstieg neuronaler Störungen wie ADHS von Forschenden auch auf die Störung der Schilddrüse durch endokrin aktive Substanzen zurückgeführt wird.1

Viele endokrin aktive Substanzen lösen in unserem Körper eine Aktivierung der Adrenalinrezeptoren aus, was zu einer Störung in der Produktion von Steroiden führt. Forschende vermuten einen Zusammenhang zwischen einer solchen Störung und der Entstehung von Entzündungsreaktionen, was die Entwicklung von chronisch-entzündlichen Krankheiten begünstigen könnte. Außerdem haben Studien gezeigt, dass vermehrte Exposition zu hormonähnlichen Substanzen zu Symptomen von Angststörungen und Depression führen.2

Schadstoffe im Plastik gelangen ins Essen

Die häufigsten Umweltschadstoffe

Einige endokrin aktive Substanzen sind in unserem Alltag so weit verbreitet, dass sie mittlerweile in einem Großteil der Bevölkerung nachzuweisen sind. Die folgenden drei Substanzen gehören zu den am häufigsten vorkommenden.

1. Bisphenol A (BPA)

Der Stoff wurde erstmals 1891 hergestellt, seine östrogenähnliche Wirkung wurde 1936 festgestellt. Trotzdem was es auch 2013 noch der am meisten hergestellte Kunststoff, da er für eine Vielzahl an Spielzeug und Aufbewahrung für Lebensmittel verwendet wird. Zum Beispiel kommt es in vielen Plastikflaschen oder Plastikbehältern für Lebensmittel vor. Auch Konservendosen haben meistens eine BPA-Beschichtung. Unter Einwirkung von Hitze oder bei wiederholter Verwendung der Behälter gelangt der Schadstoff in die Lebensmittel oder Getränke, die darin gelagert werden. In Deutschland ist für die Herstellung von Trinkflaschen für Babys die Verwendung von BPA mittlerweile verboten. Auch das Thermopapier, auf das der Kassenbon beim Einkauf gedruckt wird, wurde bis 2019 mit BPA behandelt. Bei jedem Hautkontakt mit dem Papier gelangen kleine Mengen BPA in unseren Körper.3

Eine Studie in den USA zeigte, dass 93% der über 6-Jährigen in ihrem Urin einen BPA-Gehalt aufwiesen. Dabei wird über die Nahrung aufgenommenes BPA nach einer Zeitspanne von ca. 6 Stunden ausgeschieden. Diese Zahlen lassen also auf einen dauerhaften Kontakt mit dem Schadstoff schließen.4

2. Phtalate

Diese Stoffe werden vor allem als Weichmacher in Plastikprodukten verwendet. Häufig kommen sie in PVC-Böden vor, aber auch in Spielzeug, Kosmetikprodukten wie Zahnbürsten oder Kunstleder. Durch die breite Nutzung dieser Stoffe beläuft sich der Gesamtkonsum von Phtalaten weltweit auf mehr als 3 Millionen Tonnen pro Jahr.

Sogar in Hausstaub konnten Phtalate nachgewiesen werden. Den Kontakt mit Phtalaten zu vermeiden ist also so gut wie gar nicht möglich. Rückstände von Phtalaten finden sich vor allem in der Schilddrüse, aber auch in den Nieren, der Leber und den Hoden. Sie werden unter anderem mit Frühgeburten, Fehlgeburten und Fehlbildungen während der Schwangerschaft in Verbindung gebracht, sowie mit Unfruchtbarkeit. Auch Diabetes, Insulinresistenz und Asthma werden auf den Kontakt mit Phtalaten zurückgeführt. Die EU hat 2007 die Verwendung der meisten Phtalate in Plastikprodukten verboten.5

3. Parabene

Parabene sind eine Gruppe von Konservierungsstoffen, die vor allem in medizinischen und Kosmetikprodukten verwendet werden, um die Bildung von Mikroorganismen zu verhindern. Seit den 1920ern ist ihre Verwendung weit verbreitet, sogar für die Konservierung diverser Lebensmittel. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Parabene die Rezeptoren von Östrogen und Progesteron stören können, was zu verschiedenen hormonellen Störungen bei Frauen führen kann.6 Der Nachweis von Parabenen im Urin wurde von Forschenden mit erhöhtem oxidativem Stress, DNA-Schäden und gestörter Schilddrüsenfunktion in Verbindung gebracht und stehen außerdem unter Verdacht, Brustkrebs zu verursachen.7

Bisher werden Parabene von der EU als generell unbedenklich eingestuft und sind lediglich in der Konzentration eingeschränkt, in der sie verwendet werden dürfen. Nur Propyl- und Butylparaben sind seit 2015 in der Herstellung von Wundcremes für Babys verboten, da sie bei bestehenden Hautreizungen vermehrt in die Haut des Kindes eindringen können. Für Kinder ab drei Jahren ist die Verwendung allerdings zulässig. Viele Hersteller verzichten wegen der gesundheitlichen Bedenken freiwillig auf die Verwendung dieser Substanzen.

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Besserung durch strenge Regulierung?

Viele endokrin aktive Substanzen sind in der EU und anderen Wirtschaftsräumen bereits verboten. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir diesen Substanzen nicht mehr ausgesetzt sind. Ältere Produkte oder Importprodukte, die diese Schadstoffe enthalten, können trotzdem bei uns im Umlauf sein. Auch wenn belastete Produkte bereits entsorgt worden sind, finden die Schadstoffe unter Umständen ihren Weg zu uns. Wenn Plastik zum Beispiel im Meer landet, gehen diese Stoffe in das Wasser über und werden von Fischen und anderen Meeresorganismen aufgenommen. Indem wir belasteten Fisch, Meeresfrüchte oder Algen essen, nehmen wir diese Substanzen dann auch auf.

Die Schilddrüse stärken und schützen

Da sie das Zentrum unserer Hormone ist, gilt es besonders, die Schilddrüse gegen die Einwirkung dieser Schadstoffe zu schützen. Natürlich ist der erste Schritt, wo immer es geht, auf endokrin aktive Substanzen zu verzichten. Das bedeutet, Lebensmittel lieber in Glas als Plastik oder Dosen zu kaufen und aufzubewahren, auf Kosmetikprodukte auszuweichen, die keine Parabene zu verwenden, weniger pestizidbelastete Bio-Lebensmittel statt aus konventionellem Anbau zu kaufen. Allerdings kommen einige dieser Substanzen, wie bereits erwähnt, auch im Trinkwasser und in der Luft vor, weshalb es uns unmöglich ist, ihnen gänzlich aus dem Weg zu gehen. Deshalb ist es empfehlenswert, die Schilddrüse als wichtigstes Organ unseres Hormonhaushalts so gut es geht zu unterstützen.

Neben einem aktiven Lebensstil und einer ausgewogenen Ernährung sind vor allem die beiden Mineralstoffe Jod und Selen wichtig für eine gesunde Schilddrüse. Auf die Zufuhr dieser beiden Nährstoffe gilt es also besonders zu achten. Auch eine Supplementierung von Jod und Selen ist empfehlenswert, da hier die Dosierung genauer zu kontrollieren ist. Eine Kombination aus der Anpassung von Kauf- und Essverhalten sowie der Supplementierung von Jod wird auch von Forschenden für eine bessere Schilddrüsengesundheit empfohlen.8


Quellen:


  1. European Environment Agency. The impacts of endocrine disrupters on wildlife, people and their environments. The Weybridge+15 (1996–2011) report. 2012. https://www.eea.europa.eu/publications/the-impacts-of-endocrine-disrupters
  2. Pötzl B, Kürzinger L, Stopper H, Fassnacht M, Kurlbaum M, Dischinger U. Endocrine Disruptors: Focus on the Adrenal Cortex. Horm Metab Res. 2024 Jan;56(1):78-90. doi: 10.1055/a-2198-9307. Epub 2023 Oct 26. PMID: 37884032; PMCID: PMC10764154. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10764154/
  3. Gore AC, Chappell VA, Fenton SE, Flaws JA, Nadal A, Prins GS, Toppari J, Zoeller RT. EDC-2: The Endocrine Society's Second Scientific Statement on Endocrine-Disrupting Chemicals. Endocr Rev. 2015 Dec;36(6):E1-E150. doi: 10.1210/er.2015-1010. Epub 2015 Nov 6. PMID: 26544531; PMCID: PMC4702494. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26544531/
  4. Calafat AM, Ye X, Wong LY, Reidy JA, Needham LL. Exposure of the U.S. population to bisphenol A and 4-tertiary-octylphenol: 2003-2004. Environ Health Perspect. 2008 Jan;116(1):39-44. doi: 10.1289/ehp.10753. PMID: 18197297; PMCID: PMC2199288. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2199288/
  5. Wang Y, Qian H. Phthalates and Their Impacts on Human Health. Healthcare (Basel). 2021 May 18;9(5):603. doi: 10.3390/healthcare9050603. PMID: 34069956; PMCID: PMC8157593. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8157593/
  6. Nowak K, Ratajczak-Wrona W, Górska M, Jabłońska E. Parabens and their effects on the endocrine system. Mol Cell Endocrinol. 2018 Oct 15;474:238-251. doi: 10.1016/j.mce.2018.03.014. Epub 2018 Mar 27. PMID: 29596967. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29596967/
  7. Dorota Błędzka, Jolanta Gromadzińska, Wojciech Wąsowicz. Parabens. From environmental studies to human health. Environment International, Volume 67, 2014, Pages 27-42. https://doi.org/10.1016/j.envint.2014.02.007
  8. Corbett GA, Lee S, Woodruff TJ, Hanson M, Hod M, Charlesworth AM, Giudice L, Conry J, McAuliffe FM; International Federation of Gynecology and Obstetrics (FIGO) Committee on Impact of Pregnancy on Long-term Health and the FIGO Committee on Climate Change and Toxic Environmental Exposures. Nutritional interventions to ameliorate the effect of endocrine disruptors on human reproductive health: A semi-structured review from FIGO. Int J Gynaecol Obstet. 2022 Jun;157(3):489-501. doi: 10.1002/ijgo.14126. Epub 2022 Feb 23. PMID: 35122246; PMCID: PMC9305939. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9305939/

 



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