Jeder, der schon einmal auf die Einnahme von Antibiotika angewiesen war, weiß nur zu genau, was diese Medikamente mit der Verdauung anstellen können. Nach der Einnahme ist es vor allem für die Immunabwehr enorm wichtig, wieder eine gesunde Darmflora aufzubauen. Hier erfährst du, warum Antibiotika einen solchen Effekt auf die Verdauung haben und wie du deine Balance im Darm nach der Behandlung zurück erlangst.
Inhaltsverzeichnis
So haben Antibiotika die Welt verändert
Ohne Zweifel sind Antibiotika die wichtigste medizinische Entdeckung des 20. Jahrhunderts. Sie haben die Lebenserwartung der Menschen um ganze 23 Jahre im Durchschnitt verlängert. Eingriffe, die vorher undenkbar waren, wie Operationen am offenen Herzen oder Organtransplantationen, wurden durch Antibiotika erst möglich gemacht. Das erste Antibiotikum wurde 1910 entdeckt, aber erst mit der Entdeckung von Penicillin im Jahr 1928 begann der weltweite Siegeszug der Antibiotika. In den 1950er und 1960er Jahren gab es einen regelrechten Antibiotika-Boom, also eine Zeit, in der fast jährlich neue Arten von Antibiotika entdeckt wurden. Es handelt sich dabei um Pilzkulturen oder bakterielle Produkte, welche die Fähigkeit haben, Bakterien abzutöten. Sie kommen natürlich unter anderem im Boden vor, wo sie vermutlich dazu nützen, die Wurzeln der Pflanzen vor dem Befall mit Schädlingen zu schützen. Dabei ist es meistens so, dass ein Antibiotikum genau gegen eine Bakterienart wirkt.
Viel hilft viel? Bei Antibiotika gefährlich!
Antibiotika, die heute gegen bakterielle Erkrankungen verschrieben werden, enthalten deshalb mehrere verschiedene Arten, welche gegen die häufigsten Bakterienarten wirken. So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Wirkung zeigen. Immer mehr zeigt sich, dass eine vermehrte vorsorgliche Einsetzung von Antibiotika, z.B. nach einer Geburt oder bei längerem Krankenhausaufenthalt, dazu führt, dass Bakterien eine Resistenz dagegen entwickeln. Mediziner sehen besorgt auf die steigende Zahl der bakteriellen Infekte, die gegen alle bekannten Antibiotika resistent sind.1
Vieles deutet darauf hin, dass eine Anwendung von Antibiotika in der frühen Kindheit die spätere Entwicklung von Autoimmunkrankheiten, Übergewicht und Allergien begünstigt.2 Da wir mittlerweile wissen, dass die Balance in der Darmflora sich auch auf viele andere Aspekte der Gesundheit auswirkt, liegt es nahe, dass auch andere Krankheiten und psychische Störungen zu solchen Spätfolgen zählen. Andererseits gibt es auch Überlegungen und Studien zu möglichen Behandlungsmethoden von z.B. neuronalen Störungen mit Antibiotika.3 Unser Verhältnis zu Antibiotika ist und bleibt also ein ambivalentes. Wir verdanken ihnen viele Möglichkeiten und Eingriffe, die heute als Routine gelten, aber wissen auch, dass sie Schaden anrichten können.
Das machen Antibiotika mit deiner Darmflora
Das Problem mit der breiten Aufstellung von Antibiotika ist, dass sie keine Unterschiede machen können zwischen guten und schlechten Bakterien. Treffen sie auf die Bakterien des Mikrobioms, werden neben den eigentlichen Krankheitserregern auch viele gute Darmbakterien abgetötet. Das bedeutet, dass während und nach einer Behandlung mit Antibiotika dein Darmmikrobiom stark geschwächt und reduziert ist. Studien haben gezeigt, dass sich die Darmflora zwar wieder erholen kann und zu ihrer vorherigen Vielfalt zurückkehrt, allerdings kann es bis zu zwölf Wochen dauern.4 Das sind zwölf Wochen, in denen deine Darmflora und somit auch deine Verdauung und dein Immunsystem gestört sind. Gerade dann bist du also besonders anfällig für Krankheiten und Infekte. Solltest du dich erneut mit einem bakteriellen Infekt anstecken, lautet die Behandlungsmethode natürlich wieder Antibiotikum. Deine Darmflora wird dabei erneut angegriffen und die wenigen guten Bakterien, die noch oder wieder vorhanden sind, werden unter Umständen auch noch abgetötet. Viele Menschen gelangen so in einen regelrechten Teufelskreis aus Antibiotikabehandlung und bakteriellen oder viralen Infekten.
Den Teufelskreis durchbrechen - Darmflora stärken
Um den Teufelskreis zu durchbrechen und endlich wieder ein gestärktes Immunsystem und eine funktionierende Verdauung zu haben, ist es wichtig, dass du deine Darmflora nach der Behandlung mit Antibiotika möglichst schnell wieder aufbaust. Dazu gibt es einige Möglichkeiten, wie du die natürliche Regeneration des Mikrobioms gezielt unterstützen kannst.
1. Synbiotika supplementieren
Um dein Mikrobiom unmittelbar nach der Behandlung mit Antibiotika schnell wieder zu diversifizieren, ist es ratsam, Synbiotika als Aufbaukur einzunehmen. Das bedeutet, dass du nicht nur wichtige Darmbakterien zuführst, sondern diese auch gleichzeitig mit wichtigen Ballaststoffen versorgst, welche ihnen als Nahrung dienen. So wird sichergestellt, dass sich die kleinen Helfer auch gut im Darm ansiedeln können und dort ihre wichtige Arbeit verrichten können.
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2. Abwechslung sorgt für Vielfalt
Verschiedene Sorten von Gemüse oder Fleisch sorgen für die Vermehrung verschiedener Bakterienarten in der Darmflora. Studien haben gezeigt, dass Kinder meistens eine größere mikrobiotische Vielfalt haben als ihre Eltern. Das wird darauf zurückgeführt, dass Kinder in der Umstellung von Flüssignahrung zu fester viele verschiedene Lebensmittel ausprobieren, während Erwachsene bereits feste Ernährungsmuster entwickelt haben und eher immer zu den gleichen Gemüse- und Fleischsorten greifen.5 Um dein Mikrobiom also möglichst divers zu halten, ist es ratsam, öfter mal neue Lebensmittel auszuprobieren.
3. Probiotische Lebensmittel
Nicht nur zum Aufbau, sondern auch generell als Unterstützung der Darmflora eignen sich besonders probiotische Lebensmittel. Diese sind mit Hilfe von Milchsäurebakterien oder anderen Mikroorganismen fermentiert und sind deshalb auch noch reich an wichtigen, hilfreichen Bakterien. Wenn du sie in deine Mahlzeiten integrierst, können sie sich im Darm ansiedeln und vermehren und unterstützen so die Balance deiner Darmflora. Sauerkraut, Kimchi, Kombucha oder Kefir sind zum Beispiel probiotisch. Dabei solltest du allerdings unbedingt darauf achten, dass sie nicht pasteurisiert sind, da nur dann die Bakterien auch wirklich noch lebendig enthalten sind und dir nützen können.
Quellen:
- Matthew I Hutchings, Andrew W Truman, Barrie Wilkinson. Antibiotics: past, present and future. Current Opinion in Microbiology, Volume 51, 2019, Pages 72-80. https://doi.org/10.1016/j.mib.2019.10.008
- Mamieva Z, Poluektova E, Svistushkin V, Sobolev V, Shifrin O, Guarner F, Ivashkin V. Antibiotics, gut microbiota, and irritable bowel syndrome: What are the relations? World J Gastroenterol. 2022 Mar 28;28(12):1204-1219. doi: 10.3748/wjg.v28.i12.1204. PMID: 35431513; PMCID: PMC8968486. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8968486/
- Angelucci F, Cechova K, Amlerova J, Hort J. Antibiotics, gut microbiota, and Alzheimer's disease. J Neuroinflammation. 2019 May 22;16(1):108. doi: 10.1186/s12974-019-1494-4. PMID: 31118068; PMCID: PMC6530014. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6530014/
- Patangia DV, Anthony Ryan C, Dempsey E, Paul Ross R, Stanton C. Impact of antibiotics on the human microbiome and consequences for host health. Microbiologyopen. 2022 Feb;11(1):e1260. doi: 10.1002/mbo3.1260. PMID: 35212478; PMCID: PMC8756738. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8756738/
- Heiman ML, Greenway FL. A healthy gastrointestinal microbiome is dependent on dietary diversity. Mol Metab. 2016 Mar 5;5(5):317-320. doi: 10.1016/j.molmet.2016.02.005. PMID: 27110483; PMCID: PMC4837298. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4837298/