Probiotika sind gut für die Darmflora, das ist unumstritten. Immer öfter werden sie aber auch als Unterstützung zum Abnehmen beworben. Ist da wirklich etwas dran? In diesem Artikel erfährst du, ob du mit Probiotika wirklich deinem Wunschgewicht näher kommen kannst und wie du sie am besten dabei einsetzt.
Inhaltsverzeichnis
Was sind Probiotika?
Als Probiotika bezeichnet man Lebensmittel oder Produkte, die lebende Bakterien enthalten, welche natürlicherweise in unserem Darm vorkommen. Dort sind sie enorm wichtig für die Verdauung, da sie unsere Nahrung in ihre Bestandteile zerlegen und nicht-lösliche Bestandteile wie Ballaststoffe fermentieren, wobei Vitamine entstehen und weitere Stoffe, die das richtige Milieu im Darm erhalten. Da im Darm auch die meisten Immunreaktionen stattfinden, sind Probiotika also nicht nur gut für die Verdauung, sondern unterstützen auch deine allgemeine Gesundheit. Forschende haben sogar einen Zusammenhang zwischen dem Darmmikrobiom und psychischen Problemen wie Angststörungen oder Depressionen gefunden. Das bedeutet, eine ausgeglichene Darmflora ist das A und O, wenn es um Gesundheit und Wohlbefinden geht.
→ Mehr zu den Darmbakterien und möglichen Beschwerden, die von ihnen ausgehen, erfährst du in diesem Artikel
Jedes Mikrobiom ist unterschiedlich
Das Mikrobiom eines Menschen ist so individuell wie ein Fingerabdruck. Welche Bakterien und andere Mikroorganismen sich dort ansiedeln und in welcher Anzahl, kann sich im Laufe des Lebens auch ändern, je nachdem, wie wir uns ernähren, wo wir leben und welche Krankheiten uns vielleicht plagen. Zum Beispiel leben im Darm von Menschen, die sich hauptsächlich von Tierprodukten ernähren, deutlich mehr Bakterien, die auf das Fermentieren von Proteinen spezialisiert sind, während das Mikrobiom von Vegetariern und Veganern viel mehr Bakterien aufweist, die hauptsächlich Kohlenhydrate fermentieren können. Dabei passt sich das Mikrobiom sogar innerhalb kurzer Zeit an eine Ernährungsumstellung an. Forschende führen das zurück auf die Zeit, in der die Vorfahren der Menschen noch Jäger und Sammler waren. Tierprodukte waren eine Form der Nahrung, die unregelmäßig verfügbar war, während Pflanzen schnell und leicht zu bekommen waren. Mit einer wochenlangen pflanzlichen Ernährung musste unser Mikrobiom also genauso gut zurechtkommen wie mit tierischen Lebensmitteln, sobald sie verfügbar waren.1
Welche Rolle spielt die Darmflora beim Abnehmen?
Natürlich spielt die Ernährung eine wichtige Rolle, wenn es um Diät und Abnehmen geht. Neben einem aktiven Lebensstil ist sie der wichtigste Aspekt, um das eigene Wunschgewicht zu erreichen. Die meisten Menschen mit Übergewicht weisen auch eine gestörte Balance in der Darmflora auf. Zum Beispiel haben Forschende herausgefunden, dass Menschen mit Übergewicht häufig eine sehr große Population von Firmicuten und deutlich weniger Arten des Lactobacillus in ihrer Darmflora aufweisen.2 Die Gattungen Prevotella und Gardnerella wurden ebenfalls in verschiedenen Studien mit Übergewicht und Entzündungsreaktionen im Darm in Verbindung gebracht.3 Welche Bakterien in welcher Zahl in unserem Mikrobiom vorhanden sind, spielt also nicht nur eine wichtige Rolle dabei, wie gut und schnell wir verdauen und Nährstoffe aufnehmen können, sondern auch, ob wir leicht abnehmen oder bei jedem kleinen Ausrutscher gleich wieder zunehmen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, über den das Mikrobiom und das Körpergewicht zusammenhängen, ist die Gehirn-Bauch-Achse. Durch die Zusammensetzung der Darmflora werden unterschiedliche Botenstoffe und Hormone freigesetzt, die dafür sorgen, dass wir Hunger oder ein Sättigungsgefühl verspüren.4 Anhand dieser Erkenntnisse sind Forschende der Überzeugung, dass man mit dem transplantieren von Mikrobiom-Bakterien von einer gesunden Person in beispielsweise eine Person, die an einer Essstörung leidet, Störungen wie Magersucht oder übermäßiges Essen behandeln könnte. Allerdings ist das Mikrobiom ein so komplexes System, bei dem man nicht von einer Person auf die andere schließen kann. Das Zusammenspiel von Ernährung des jeweiligen Menschen und der Besiedelung des Darms ist ein empfindliches Gleichgewicht, das sich über Jahrzehnte gebildet hat. Dieselbe Besiedelung in einem anderen Menschen führt nicht zwingend zu den erhofften Ergebnissen.5 In dieser Hinsicht muss die Forschung noch genauer und klarer werden.
Allerdings ist es unumstritten, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms und die Tätigkeit der einzelnen Mikroorganismen im Darm eine wichtige Rolle spielen in der Verarbeitung und Verstoffwechselung unserer Nahrung, was wiederum einen Einfluss auf unser Körpergewicht hat.
So kannst du Probiotika einfach in die Tagesroutine integrieren
Der große Vorteil von Probiotika zur Unterstützung deiner Diät ist, dass sie super leicht in jede Tagesroutine zu integrieren sind. Du brauchst dafür nicht viel Zeit und keine besonderen Rezepte oder Ähnliches. Schon wenn du einen Joghurt als Snack zwischendurch isst oder ein Kombucha anstatt dem Glas Wasser zum Essen trinkst, tust du deiner Darmflora etwas Gutes. Bei Joghurts und anderen fermentierten Produkten solltest du darauf achten, dass sie den Hinweis “enthält lebende Kulturen” haben bzw. nicht wärmebehandelt sind. Nur dann enthalten sie wirklich noch lebende Bakterienkulturen.
Wichtig ist außerdem, dass du auch gleichzeitig dafür sorgst, dass die Bakterien ausreichend Nahrung haben, um sich in deiner Darmflora anzusiedeln und zu vermehren. Ballaststoffe sind dafür ideal geeignet, zum Beispiel in Form von Flohsamenschalen, die du in deinen Joghurt einrühren kannst. Diese Ballaststoffe können vom Verdauungssystem nicht vollständig zersetzt werden und fungieren als Präbiotika. Das bedeutet, dass sie von den Bakterien des Mikrobioms fermentiert werden, wobei wichtige Botenstoffe, Vitamine und andere Stoffe entstehen, welche das saure Milieu im Darm erhalten.
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Probiotika supplementieren - darauf solltest du achten
Eine weitere Möglichkeit, mehr Probiotika in deinen Tagesablauf einzubauen, sind pro- oder synbiotische Supplements. Damit bekommst du meistens viele verschiedene Arten von Bakterien mit nur wenig Aufwand und hast im Idealfall noch Präbiotika mit dabei. Wenn du Probiotika einnehmen möchtest - sei es als Unterstützung auf dem Weg zu deinem Wunschgewicht oder für dein allgemeines Wohlbefinden - solltest du folgende wichtige Punkte beachten.
1. Vielfalt
Eine große Bandbreite an Bakterien ist wichtig, damit deine Darmflora möglichst gut auf alles vorbereitet ist, was du über den Tag zu dir nimmst. Gute probiotische Supplements enthalten mindestens 20 verschiedene Bakterienstämme. Außerdem solltest du unbedingt darauf achten, dass es sich um vermehrungsfähige Stämme handelt, welche sich in deiner Darmflora eigenständig ansiedeln und vermehren können. So ist dein Mikrobiom dauerhaft und nachhaltig unterstützt.
2. Präbiotika
Reine Probiotika enthalten nur Darmbakterien. Wenn diese nicht “gefüttert” werden, verenden sie allerdings im Darm und werden einfach wieder ausgeschieden. Im schlimmsten Fall kann eine Überbesiedlung einzelner Bakterienstämme sogar kurzzeitig zu Durchfall führen. Besser sind deshalb sogenannte Synbiotika, die zusätzlich noch präbiotische Zutaten enthalten. Das sind zum Beispiel Inulin oder verschiedene Pflanzenfasern, welche sehr ballaststoffreich sind und von den Mikroorganismen, die du einnimmst, gleich verarbeitet werden können. Dadurch können sich die Bakterien besser und dauerhafter ansiedeln.
3. Resistente Kapseln
Um sicherzustellen, dass alle Bakterien auch lebend im Darm ankommen, wo sie ihre Arbeit verrichten und dich optimal unterstützen können, müssen sie vor der aggressiven Magensäure geschützt werden. Hierzu verwenden einige Hersteller magensaftresistente Kapseln, die eine zusätzliche Beschichtung haben. Die Magensäure kann dieser Beschichtung nichts anhaben und die Kapseln kommen unzerstört in den Darm, wo sie sich zeitversetzt öffnen und die kleinen Helfer freisetzen.
4. Das Plus für die Darmschleimhaut
Bei all den Gedanken und Sorgen um das Mikrobiom und die Darmflora darf man die Darmschleimhaut nicht vergessen. Sie schützt nämlich den Darm und somit den gesamten Organismus davor, dass Bakterien aus dem Darm dein Immunsystem angreifen. Viele entzündliche Darmkrankheiten haben eine geschwächte oder gestörte Darmschleimhaut als zugrundeliegendes Problem. Vitamin B2 und B6 sind besonders wertvoll für den Erhalt und die Gesundheit der Darmschleimhaut und sind in hochwertigeren Synbiotika oft schon enthalten.
Quellen:
- David LA, Maurice CF, Carmody RN, Gootenberg DB, Button JE, Wolfe BE, Ling AV, Devlin AS, Varma Y, Fischbach MA, Biddinger SB, Dutton RJ, Turnbaugh PJ. Diet rapidly and reproducibly alters the human gut microbiome. Nature. 2014 Jan 23;505(7484):559-63. doi: 10.1038/nature12820. Epub 2013 Dec 11. PMID: 24336217; PMCID: PMC3957428. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3957428/
- Aoki R, Kamikado K, Suda W, Takii H, Mikami Y, Suganuma N, Hattori M, Koga Y. A proliferative probiotic Bifidobacterium strain in the gut ameliorates progression of metabolic disorders via microbiota modulation and acetate elevation. Sci Rep. 2017 Mar 2;7:43522. doi: 10.1038/srep43522. PMID: 28252037; PMCID: PMC5333160.v https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5333160/
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- Boscaini S, Leigh SJ, Lavelle A, García-Cabrerizo R, Lipuma T, Clarke G, Schellekens H, Cryan JF. Microbiota and body weight control: Weight watchers within? Mol Metab. 2022 Mar;57:101427. doi: 10.1016/j.molmet.2021.101427. Epub 2021 Dec 29. PMID: 34973469; PMCID: PMC8829807. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8829807/
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- Seganfredo FB, Blume CA, Moehlecke M, Giongo A, Casagrande DS, Spolidoro JVN, Padoin AV, Schaan BD, Mottin CC. Weight-loss interventions and gut microbiota changes in overweight and obese patients: a systematic review. Obes Rev. 2017 Aug;18(8):832-851. doi: 10.1111/obr.12541. Epub 2017 May 19. PMID: 28524627. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28524627/