Schon die Herkunft liegt für viele Konsumenten im Dunkeln, ganz abgesehen von möglichen Wirkungen im Alltag und im Alter. Aber der Reihe nach.
Kaffee stammt ursprünglich aus den tropischen Gebieten des afrikanischen Kontinents inklusive Madagaskar. Von seinen geschätzten etwa 120 Arten werden jedoch nur 3 für den Kaffeeanbau verwendet. Die nur 5-8m hohen, immergrünen Kaffeebäume wachsen in unterschiedlichen Höhenlagen und bilden somit von vorneherein ein quantitativ und qualitativ unterschiedliches Inhaltsstoffspektrum. Coffea arabica, die im Anbau am meisten verwendete Art, wächst in Höhenlagen des äthiopischen Berglandes zwischen 600-1200m („Hochlandkaffee“), während Coffea canephora („Robustakaffee“) Höhen zwischen 300-600m bevorzugt. Die dritte Art, Coffea liberica, ist dagegen nur im Tiefland Westafrikas anzutreffen. Das Auftreten der Kaffeebäume, im Äquatorialbereich anderer Kontinente (Südamerika, Asien), auch als Kaffeegürtel bezeichnet, ist einzig auf das Wirken der einstigen Kolonialherren zurückzuführen, die klimatisch passende Gebiete für den Plantagenanbau nutzten. Je höher ein Anbaugebiet liegt, umso langsamer wächst die Kaffeepflanze. Aus ihren weißen Blüten gehen dunkelrote Steinfrüchte - häufig als Kaffeekirschen bezeichnet - hervor. In der Höhe bilden die darin enthaltenen Samen, die sog. „Kaffeebohnen“, mehr Aromastoffe, aber weniger Coffein und schmecken insgesamt milder, als die in den niedrigeren Lagen wachsenden Arten, deren Geschmack als würziger beschrieben wird. Die Qualität des Ausgangsmaterials für den Rohkaffee bestimmt eine selektive Handpflücke (Picking-Methode) gegenüber einer maschinellen Ernte (Stripping-Methode).
Traditionellerweise werden die Kaffeekirschen anschließend in der Sonne getrocknet, bevor das Fruchtfleisch von den grünen Samen gelöst wird. Bei der sogenannten nassen Aufbereitung entfernen zunächst Maschinen einen großen Teil des Fruchtfleisches, um den verbliebenen Rest einem Fermentationsprozess vor der schlussendlichen Entfernung zu unterziehen. Dabei entstehen Aromasäuren, die den Samen einen fruchtigen Geschmack verleihen, während die traditionelle Methode eher einen süßen Geschmack hervorbringt.
"leider werden seine Wirkungen und sein Geschmack nur allzu oft auf das allen bekannte Coffein reduziert"
Der so erhaltene grüne Rohkaffee existiert also schon in verschiedenen Geschmacksvarianten. Neben dem an Chlorogensäure gebundenen Coffein sind darin Kohlenhydrate, Proteine, Trigonellin, Vitamin B3 sowie Kaffeeöl mit Kahweol und Cafestol enthalten. Die grünen, bitteren und ungenießbaren Samen werden dann im jeweiligen Bestimmungsland einem, i.d.R. nicht vollständig veröffentlichten, Röstverfahren unterzogen. Je nach Intensität, Temperatur und Dauer entstehen dabei in einer mehrstufigen Reaktion (Maillard) das typische Kaffeearoma, an dem bis zu 600 verschiedene Aromastoffe beteiligt sein können, und sogenannte Melanoidine, die die schwarz-braune Farbe der Kaffeebohnen hervorrufen. Gleichzeitig wird das Coffein aus seiner Bindung an die Chlorogensäure frei- und das Trigonellin zu N-Methylpyridin (NMP) umgesetzt. Zu beachten ist, dass v.a. bei der schnelleren Industrieröstung wesentlich höhere Temperaturen (bis zu 550° statt der üblichen 250°) verwendet werden, was die Entstehung carcinogener Acrylamide, vergleichbar dem Frittierfett, begünstigt.
Manch einer wird sich nun fragen, warum all diese Kleinigkeiten hier Erwähnung finden? Nun ja, wir wollen uns ja langsam dem Rätsel des Kaffegenusses nähern und leider werden seine Wirkungen und sein Geschmack nur allzu oft auf das allen bekannte Coffein reduziert. Dies ist so nicht haltbar, ist doch eine Tasse Kaffee ein Heißwasserextrakt mit, wie oben erwähnt, unzähligen Komponenten. Und diese ergeben sich in unterschiedlichster Quantität und Qualität durch die Auswahl des Ausgangsmaterials, seiner Aufbereitung, Röstung und sogar seiner Zubereitung. Somit können Geschmack und auch Wirkungen in einer großen Bandbreite variieren.
Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass gerade die vielen kleinen, den meisten Personen unbekannten Verbindungen, einen entscheidenden Anteil an den vielen, oft auch widersprüchlichen Wirkungen des Kaffees haben. Seine anregende Wirkung ist zweifelsfrei an den Coffeingehalt gebunden. Coffein wird in Magen und Zwölffingerdarm nahezu vollständig resorbiert und überwindet bereits nach etwa 30 Minuten die Blut-Hirn-Schranke, um im ZNS seine Wirkung zu entfalten. Die Wirkstärke ist jedoch variabel, da sowohl Gewöhnungseffekte regelmäßiger Kaffeetrinker, als auch genetisch unterschiedlich ausgeprägte Coffeinempfindlichkeit dokumentiert sind. Die nach dem Röstvorgang in geringerer Menge noch vorhandene Chlorogensäure hat antioxidative Eigenschaften und steigert die Darmperistaltik. Gleichzeitig wird sie jedoch auch für das Sodbrennen magenempfindlicher Personen verantwortlich gemacht. Überhaupt scheint der Röstvorgang und die dabei gebildeten Verbindungen und Umbauprodukte einen entscheidenden Einfluss auf positive und negative Wirkungen des Kaffees zu besitzen.
"Kaffeetrinker scheinen im Schnitt weniger Körperfett zu besitzen als Personen die keinen Kaffee trinken"
Das gebildete Acrylamid steht dabei sicherlich auf der Negativseite, während die Melanoidine und das NMP für gesundheitsfördernden Wirkungen des Kaffees verantwortlich gemacht werden. Melanoidine wirken antioxidativ, binden Schwermetalle und Cholesterin. Da sie für den Menschen unverdaulich sind, werden sie von Darmbakterien verstoffwechselt und wirken ballaststoffähnlich. NMP scheint direkt oder indirekt den oxidativen Stress im Zellkern zu verringern und dadurch mögliche Schädigungen (DNA-Strangbrüche) des Erbmaterials zu vermindern. Das in Kaffee enthaltene Vitamin B3 ist an der Senkung von LDL-Cholesterin im Blut beteiligt, sein Mangel wird mit Demenzerscheinungen und Depressionen in Verbindung gebracht.
Bleiben die, im sogenannten Kaffeeöl des Kaffees enthaltenen Diterpene Kahweol und Cafestol. Beide erhöhen den Cholesterolgehalt im Blut.
Glücklicherweise lassen sie sich mit Hilfe von Kaffeefiltern aus dem Aufguss herausfiltern. Filterkaffee enthält bis zu 30-mal geringere Konzentrationen als ungefilterter Kaffee. Gut zu wissen in Zeiten überbordender Angebote an exklusivsten Kaffeeautomaten. Zum Schluss noch ein weiteres neues Forschungsergebnis. Kaffeetrinker scheinen im Schnitt weniger Körperfett zu besitzen als Personen die keinen Kaffee trinken. So eine Studie aus den USA. Dabei war der Effekt bei Frauen signifikant höher als bei Männern. Coffein spielt auch hier offensichtlich keine Rolle. Eine genaue Zuordnung des Effektes zu einzelnen Inhaltstoffgruppen konnte noch nicht getroffen werden. Alles bleibt also bezüglich der Wirkungen des Kaffees im Fluss. Es lohnt sich die kleinen Unterschiede beim Kaffeekonsum zu beachten. Vor allem oder gerade bei widersprüchlichen und geschlechtsabhängigen Ergebnissen. Es wird weiter geforscht und wir bleiben gespannt.